«That's the reason, why they emigrated» – Grossfamilie aus Utah auf den Spuren ihrer Vorfahren

Mit diesen Worten überreichte Michael Graff bei seinem Besuch im Archiv für Zeitgeschichte Werner Hagmann «Das Buch Mormon» in deutscher Übersetzung. Das Schicksal seiner Vorfahren rückt eine Minderheit von Schweizer Auswanderinnen und Auswanderern in den Fokus. Sie kehrten ihrer Heimat vorwiegend aus religiösen Motiven den Rücken.

von Werner Hagmann
Werner Hagmann (links) empfängt die Familie Graff im Archiv für Zeitgeschichte
Michael und Elizabeth Graff-Harger

Die ersten Mormonen-Missionare traten 1850 in der Schweiz in Erscheinung. Zu den erfolgreich Konvertierten gehörten auch Graffs Urgrosseltern. Sie waren in Rebstein im St. Galler Rheintal ansässig. Der folgenschwere Entscheid zog scharfe Reaktionen der weltlichen und kirchlichen Behörden nach sich. Zunehmend in Bedrängnis geraten, entschloss sich die Familie Graf, wie sie sich damals noch nannte, 1866 nach Utah auszuwandern. Neben religiösen mögen auch wirtschaftliche Motive mitgespielt haben. Die verbreitete Armut und Perspektivlosigkeit war der Hauptantrieb für das «Amerika-Fieber» im 19. Jahrhundert.

Zusammen mit anderen Schweizer Familien gehörten die Graffs zu den Pionieren der Siedlung Santa Clara. Diese befand sich im äussersten Südwesten des US-Bundesstaats Utah. Dorthin entsandte sie Brigham Young, das Oberhaupt der Mormonen in Salt Lake City, nach ihrer Ankunft. Das Ehepaar Michael und Elizabeth Graff-Harger sowie alle ihre acht Kinder sind Utah und der LDS-Church (The Church of Jesus Christ of Latter-day Saints), wie die Mormonen sich offiziell bezeichnen, bis heute treu geblieben.

Ahnenforschung spielt im Leben von gläubigen Mormonen eine zentrale Rolle. Nicht zufällig verfügt die LDS-Church über die weltweit wohl umfassendste Sammlung genealogischer Daten. Diese bieten über externe Seitefamilysearch.org auch Interessierten ausserhalb der Glaubensgemeinschaft eine wertvolle Forschungshilfe.

Der Hauptgrund für den Schweiz-Besuch des Ehepaars Graff mit sechs ihrer acht Kinder und deren Partnern und Partnerinnen liegt denn auch in der Herkunft der Graff-Vorfahren. Auf Empfehlung des Staatsarchivs St. Gallen gelangte Michael Graff mit der Anfrage an Werner Hagmann vom AfZ, ob dieser bereit wäre, eine Präsentation zur Auswanderungsthematik zu halten.

Nach dem Besuch in Zürich ging die Reise schon am folgenden Tag weiter ins St. Galler Rheintal. Dort stand erwartungsgemäss die Weinbaugemeinde Rebstein auf dem Programm. Für den in den 70ern stehenden Michael Graff war dies keine Premiere. Wie jeder Mormone musste er sich seine Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft in jungen Jahren durch Missionstätigkeit im Ausland «abverdienen». 1965-1967 führte ihn diese in die Westschweiz nach Lausanne und Yverdon, von wo aus er erstmals die Heimat seiner Urahnen in der Ostschweiz erkundete.

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