Quellendossiers

Zu verschiedenen Anlässen und Jahrestagen hat das Archiv für Zeitgeschichte Quellendossiers zu unterschiedlichen Themen erstellt, die auf den Beständen und Nachlässen des Archivs beruhen.

Schweizer Ärztemissionen an der deutschen Ostfront 1941-1943

Am 22. Juni 1941 eröffnete Deutschland einen überfallmässigen Angriffskrieg gegen Sowjetrussland und erzielte innert kurzer Zeit gewaltige Gebietsgewinne. In der Schweiz lancierten germanophile Kreise um Oberstdivisionär Eugen Bircher und den Schweizer Gesandten Hans Fröhlicher in Berlin die Idee, als Geste des guten Willens gegenüber dem «Dritten Reich» eine freiwillige Ärztemission an die deutsche Ostfront zu entsenden. Der Anstoss dazu scheint vom prominenten Berliner Chirurgen Ferdinand Sauerbruch ausgegangen zu sein. Da aus Neutralitätsgründen eine offizielle Trägerschaft nicht infrage kam, wurde eigens ein Komitee für Hilfsaktionen unter dem Patronat des Schweizerischen Roten Kreuzes geschaffen. Finanziert wurden die Missionen durch die Wirtschaft.

Vergrösserte Ansicht: Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 1. Ärztemission, AfZ NL Ernst Gerber / 9.
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der 1. Ärztemission, AfZ NL Ernst Gerber / 9.

Archiv für Zeitgeschichte sichert Dokumente von Beteiligten

Angeregt durch den Dokumentarfilm «Mission en enfer» (2003) von Fréderic Gonseth, worin die letzten damals noch lebenden Zeitzeugen der Missionen zu Wort kamen, ist es dem Archiv für Zeitgeschichte (AfZ) an der ETH Zürich gelungen, eine grössere Zahl von Quellenbeständen aus dem Besitz ehemaliger Missionsteilnehmer zu sichern und zugänglich zu machen. Vereinzelte Bestände – darunter der Teilnachlass von Eugen Bircher oder Nachlass von Rudolf Bucher – waren schon bei früherer Gelegenheit ins AfZ gelangt.
Welche Art von Dokumenten finden sich in diesen Beständen? Neben Schriftstücken organisatorischer bzw. amtlicher Art sind dies insbesondere Korrespondenz mit den Angehörigen in der Heimat, tagebuchartige Aufzeichnungen des Erlebten, Fotografien (was angesichts der offiziellen Fotoverbots erstaunt), einzelne Gegenstände («Souvenirs») sowie Presseberichte. Zu den zeitgenössischen Unterlagen kommen solche aus der Retrospektive hinzu, zur historischen Aufarbeitung der Missionen (publizierte Erinnerungen, Interviews etc.).
Auf Voranmeldung hin sind diese Unterlagen für alle Interessierten im Archiv für Zeitgeschichte (https://www.afz.ethz.ch/) zugänglich. Alle Quellenzitate in diesem Text stammen aus Beständen im AfZ, ebenso alle Abbildungen.

Dr. Werner Hagmann hielt im Rahmen der Public Tours der ETH Zürich im Oktober 2021 einen Vortrag zu den Schweizer Ärztemissionen an der deutschen Ostfront. Dieser diente als Grundlage für das Quellendossier "Amputieren im Akkord".

Das Dossier finden Sie hier zum DownloadDownload (PDF, 2.9 MB).  

Am 7. Februar 2021 jährt sich die eidgenössische Abstimmung zum Stimm- und Wahlrecht für Schweizerinnen zum 50. Mal. Damals – im Jahr 1971 – sprachen sich 65.7% der abstimmenden Schweizer dafür aus. Deutliche Zustimmung gab es vor allem in der Westschweiz, im Tessin und in Basel; abgelehnt wurde die Vorlage in verschiedenen Zentral- und Ostschweizer Kantonen.

Vergrösserte Ansicht: Karikatur von Hans U. Steger «Nichts mehr wird sein wie es war», erschienen im Tages-Anzeiger, 24.03.1993
Karikatur von Hans U. Steger «Nichts mehr wird sein wie es war», erschienen im Tages-Anzeiger, 24.03.1993 (Nachlass Hans U. Steger)  

Quellendossier aus dem Archiv

Weil das Thema Frauenrechte immer noch aktuell ist, wie unlängst zudem beim Frauenstreik am 14. Juni 2019 festgestellt werden konnte, hat das Archiv für Zeitgeschichte ein Dossier unter dem Titel Download«Nichts mehr wird sein wie es war» (PDF, 75.3 MB) zusammengestellt, das den Spuren nachgeht, die die Debatten um das Frauenstimmrecht und die Frauenrechtsbewegung im Archiv hinterlassen haben. Die ausgewählten Dokumente werden in dem Dossier kontextualisiert und können zur weiteren Beschäftigung und Lektüre heruntergeladen werden.

Einleitend wird die Vorgeschichte zum Frauenstimmrecht und zur Frauenbewegung in der Schweiz dargelegt. Der Hauptteil ist entsprechend den drei thematischen Sammlungsschwerpunkten des AfZ dreigeteilt:

Innerhalb der Jüdischen Zeitgeschichte geht es um die Frauenrechte im Schweizer Judentum, insbesondere um das Frauenstimmrecht in der grössten schweizerisch-jüdischen Gemeinde, der Israelitischen Cultusgemeinde in Zürich.

In der Politischen Zeitgeschichte kommen Männer und männlich geprägte Institutionen zu Wort, die sich für das Frauenstimmrecht eingesetzt haben, darunter die Eidgenössische Gemeinschaft, in der der Germanist und spätere Rektor der ETH Karl Schmid Mitglied war.

Und im Zusammenhang mit Wirtschaft und Zeitgeschichte schliesslich geht es um eine Frauengruppe des Redressement National, die über Jahre auf nationaler und kantonaler Ebene das Frauenstimmrecht bekämpfte.

Die Verwendung der Unterlagen für den Unterricht oder das Zitieren von Ausschnitten für schulische, wissenschaftliche oder journalistische Zwecke ist unter Nennung der vollständigen Quellenangabe und mit Verweis auf «Archiv für Zeitgeschichte ETH Zürich» ausdrücklich erwünscht.

Eine Version des Dossiers in hoher Auflösung finden Sie hier zum DownloadDownload (PDF, 203.3 MB).

Nach der bedingungslosen Kapitulation der deutschen Wehrmacht in der Nacht vom 6. auf den 7. Mai 1945 endete am 8. Mai der Zweite Weltkrieg, der insgesamt 60 bis 65 Millionen Tote forderte, darunter 6 Millionen ermordete Jüdinnen und Juden. Die Schweiz war zwar nicht direkt in die Kriegshandlungen involviert, aber doch vom Krieg betroffen.

Karikatur von Hans U. Steger "Hunger, Ruhr, Typhus, Syphilis, die anderen 'Grossen Vier' über Berlin"
Karikatur von Hans U. Steger "Hunger, Ruhr, Typhus, Syphilis, die anderen 'Grossen Vier' über Berlin" (Nachlass Hans U. Steger)

Quellendossier aus dem Archiv

In einem Dossier Download«75 Jahre Kriegsende – Rezeption Schweiz» (PDF, 77 MB) hat das Archiv für Zeitgeschichte Quellen zusammengestellt, die innerhalb der drei thematischen Sammlungsschwerpunkte seiner Fachreferate («Jüdische Zeitgeschichte», «Politische Zeitgeschichte» sowie «Wirtschaft und Zeitgeschichte») die unterschiedlichen Wahrnehmungen des Kriegsendes aufzeigen. Die ausgewählten Dokumente wurden kontextualisiert, teilweise transkribiert, und können zur weiteren Beschäftigung heruntergeladen werden.

Der Schweizer Gewerkschaftsfunktionär, Redaktor und Sozialattaché Emil Friedrich Rimensberger, der ein passionierter Tagebuchschreiber war, entwickelte beispielsweise eine politische Perspektive auf das Kriegsende, die wenig optimistisch ist. Er sah vor allem die Verantwortung und die Herausforderungen, die mit einem Sieg der Alliierten verbunden waren.

Das Zuger Unternehmen Landis & Gyr andererseits hatte durch die Tochterfirma Paul Firchow Nachfolger verschiedene Niederlassungen im Ausland, u.a. in deutschen und deutsch besetzten Gebieten. Die ausgewählten Unterlagen belegen die Bemühungen des Konzerns, nach Kriegsende verlässliche Informationen zum Zustand seiner Fabriken zu erhalten sowie seine wirtschaftlichen Interessen zu wahren.

Und anhand der Berichterstattung in der jüdischen Wochenzeitung Israelitisches Wochenblatt wird schliesslich auf die schweizweiten religiösen Feiern zum Kriegsende in den jüdischen Gemeinden eingegangen. Obwohl die Synagogen gut besucht waren, herrschte nicht das Gefühl der Euphorie vor, sondern Dankbarkeit darüber, den Krieg überstanden zu haben, und Trauer über die Opfer von Krieg und Verfolgung.

Die Verwendung der Unterlagen für den Unterricht oder das Zitieren von Ausschnitten für schulische, wissenschaftliche oder journalistische Zwecke ist unter Nennung der vollständigen Quellenangabe und mit Verweis auf «Archiv für Zeitgeschichte ETH Zürich» ausdrücklich erwünscht.

Eine Version des Dossiers in hoher Auflösung finden Sie hier zum DownloadDownload (PDF, 389.9 MB).

In der Schriftenreihe des Archivs für Zeitgeschichte erschien das Buch "Bürger und Juden. Die Familie Wyler-Bloch in Zürich 1880-1954. Biografie als Erinnerungsraum" von Erich Keller.

Dem Tuchhändler Joseph Wyler aus dem ländlichen Aargau und dem Anwalt Martin Bloch aus St. Gallen gelingt im bürgerlichen Zürich des späten 19. Jahrhunderts ein sozialer Aufstieg, wie er noch ihren Eltern verwehrt gewesen war. Als Unternehmer und Selbständige nehmen sie im boomenden Wirtschaftszentrum die über Jahrhunderte verweigerte Integration in die eigenen Hände: Sie werden Bürger und bleiben Juden. Ihren politischen Ambitionen im Freisinn jedoch wird eine Abfuhr erteilt.

1925 gehen die beiden Familien Wyler und Bloch zusammen. Hugo Wyler, Sohn des Tuchhändlers, heiratet Gertrud "Trudy" Bloch, die Tochter des Anwalts. Doch längst ist alles instabil geworden. Gegen den Druck der Familie wird Trudy Wyler-Bloch Zionistin. Ihr Mann gründet mit Martin Bloch eine Kanzlei und wird bald darauf Honorarkonsul von Monaco. Politische Wirren rund um Martin Bloch bringen die gemeinsame Anwaltskanzlei aber in arge Schieflage, und der Zweite Weltkrieg setzt auch dem Tuchhandel schwer zu. Im Aktivdienst sehen jüdische Männer wie Hugo Wyler oder sein Schulfreund, der Schriftsteller Kurt Guggenheim, die Möglichkeit, die unvollständige Emanzipation ihrer Vätergeneration zu vollenden, während Trudy Wylers Blick auf Palästina gerichtet bleibt.

Auf inspirierende Weise werden in dieser Kulturgeschichte des Sozialen die Beziehungen und Brechungen schweizerisch-jüdischer Selbstentwürfe zweier Generationen sichtbar gemacht.

Erich Keller hat Geschichte und Deutsche Literaturwissenschaft studiert. Er arbeitet als Publizist und Historiker in Zürich.


Online-Quellen zum Buch

Anlässlich der Veröffentlichung machte das Archiv für Zeitgeschichte eine Auswahl von Quellen aus dem Nachlass von Hugo und Trudy Wyler-Bloch zugänglich:

DownloadDie Feier (PDF, 23.2 MB): Zwischen den Gängen des opulenten Festmahls präsentieren Hochzeitsgäste Darbietungen. Die hier vermittelten Beiträge illustrieren den optimistischen Erwartungshorizont ebenso wie die Ironie zweier etablierter jüdisch-bürgerlicher Familien.

Familienfilm: Ein eigens für das Fest hergestellter Stummfilm, in dem die Hochzeitsgäste in komödiantische Rollen schlüpfen. Schon hinsichtlich der aufwendigen Herstellung eine Rarität, bietet der Film ein seltenes privates Stimmungbild für die "Goldenen Zwanziger".
Lebenserinnerungen

DownloadLebenserinnerungen (PDF, 25 MB) von Martin Bloch: 1943 im Hinblick auf eine nie realisierte Veröffentlichung verfasst, liefern die Lebenserinnerungen und Betrachtungen weit mehr als nur "Memoiren" eines in seiner Zuversicht schwer erschütterten jüdischen Schweizers.
Fundstücke

DownloadFundstücke (PDF, 24.5 MB) aus dem Familienarchiv: Theodor Pfister argumentiert 1915 für die Aufnahme von Juden in die Burschenschaft, Hugo Wyler erklärt 1935 das Selbstverständnis der Augustin Keller Loge, Trudy Wyler berichtet 1951 von ihrer Reise nach Israel.

Film zum Bau und zur Grundsteinlegung des Gemeindehauses der Israelitischen Cultusgemeinde Zürich (ICZ), 1938-1939 (ICZ-Archiv)

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